Optimierung der Verkehrssysteme: anonymisierte individuelle Mobilitätsdaten
Smartphone-Nutzer erzeugen täglich eine grosse Menge an Bewegungsdaten. Städte könnten diese Daten anonymisiert nutzen, um ihre Verkehrssysteme zu optimieren. Dieses Projekt möchte mit der Entwicklung eines Mobility-Pricing-Ansatzes zu diesen Optimierungen beitragen.
Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)
Dank der Zusammenarbeit mit einem Mobilfunkbetreiber stehen dem Projekt vier aussergewöhnlich detaillierte Datensätze zur Verfügung:
- ein aggregierter Datensatz zum Fernreiseverhalten, der erstmals eine korrekte Schätzung der Touren über 50 km ermöglicht
- Anonymisierte 50'000 Personentage, um neue Algorithmen zur Erkennung der täglichen Verhaltensmuster zu entwickeln
- Anonymisierte 10'000 Personenwochen, um detaillierte Modelle des Verkehrsverhaltens zu schätzen
- Aggregierte durchschnittliche stündliche Nachfrage pro Monat von jeder Schweizer Gemeinde zu jeder anderen unter Einhaltung des Datenschutzes fliessen die Arbeiten in die Erstellung und Kalibrierung des Schweiz-Modells ein, das wir auf der Grundlage der individuen-basierten Software MATSim erstellen.
Hintergrund
Auf vielen städtischen Strassen und Schienen kommt es in Spitzenzeiten zu Engpässen, doch in der übrigen Zeit ist die Infrastruktur nur schwach ausgelastet. Smartphone-Daten geben ein umfassendes Bild der Nutzung der Stadt. Dieses Projekt wird aufgrund von anonymisierten Daten von Mobilfunk-Abonnenten ein individuen-basiertes Modell der Schweiz verbessern – und einen Ansatz mit unterschiedlichen Transportpreisen entwickeln, das die Schweizer Verkehrspolitik unterstützen kann.
Ziele
Wir werden beispielhaft auf der Grundlage von anomysierten Mobilfunk-Datensätzen neue Auswertemethoden entwickeln. Die Auswertung der elektronischen Spuren soll die bisherige individuen-basierte Simulation verbessern – und beispielhaft die Möglichkeiten, Kosten und Grenzen eines Schweizer Mobility-Pricing-Ansatzes erkunden und optimieren.
Anwendung
Mit grossen Datenmengen lassen sich Verkehrsmodelle schneller erstellen und besser kalibrieren. Die Modelle dienen der besseren Steuerung der Verkehrssysteme und sollen so helfen, die Belastungsspitzen der Infrastruktur zu brechen. Das mit den Projektdaten optimierte MATSim-Modell der Schweiz und die Ergebnisse zum Mobility Pricing haben das Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung der Verkehrssysteme zu leisten, was die Wohlfahrt aller erhöhen kann.
Resultate
- Unter Verwendung von GSM-Daten wurde die Genauigkeit untersucht, mit der Fernreisen im Schweizer Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) abgebildet werden, basierend auf früheren Forschungsarbeiten, die darauf hinwiesen, dass solche Reisen in Erhebungen, die auf Reisetagebücher basieren, zu wenig rapportiert werden. Eine Analyse ergab im Schweizer Kontext keinen solchen Hinweis; eine wichtige Erkenntnis angesichts der Bedeutung des MZMV für die Verkehrsforschung in der Schweiz.
- Die Studie, in der die Entgleisung eines Eurocity-Zugs beim Bahnhof Luzern im März 2017 analysierte, musste aufgrund der Covid-19-Pandemie unterbrochen werden. Nichtsdestotrotz wurde das R package mixl, das für das «Choice Modelling» in diesem (und einem weitergefassten) Kontext entwickelt wurde, öffentlich zugänglich gemacht und in einer Reihe von Modellierungsprojekten sowohl in der Schweiz als auch international angewendet.
- Ein Ansatz wurde entwickelt, um ein Massnahmen-abhängiges Verkehrssimulationsszenario auf der Grundlage von Mobiltelefonaufzeichnungen anstelle von Reiseerhebungen zu erstellen, und angewandt, um einen Prototyp für die Metropolregion Zürich aufzubauen. Diese Region ist besonders geeignet, da für diese Region bereits mehrere MATSim-Szenarien mit einem hohen Standard bezüglich Szenario-Validierung erstellt wurden, sodass Szenario-zu-Szenario-Vergleiche durchgeführt werden können. Der Mobilfunkbetreiber stellte im Rahmen dieses Pakets mobilfunkbasierte Herkunft-Ziel-Matrizen für die Schweiz zur Verfügung.
- Die Methoden der Bayesschen Optimierung (BO), welche die Learning & Adaptive Systems Group unter der Leitung von Prof. Andreas Krause an der ETH Zürich entwickeltet hatte, führten zu Fortschritten bei der Kalibrierung grosser Verkehrsmodelle. Die Anwendung der vorgeschlagenen Methoden wurde ausgiebig auf MATSim sowie dessen Modifikation eqasim untersucht und deckt verschiedene Skalen von Verkehrsszenarien ab.
- Mit dem Wandel hin zu einer vielfältigeren Verkehrslandschaft sind bessere Verkehrsmodelle wichtiger denn je, um zu verstehen, wie neue technische Entwicklungen, angetrieben durch die Digitalisierung, unser Leben in Zukunft beeinflussen werden. Die in diesem Projekt erzielten Fortschritte bei der automatisierten Erzeugung von Szenarien und den Tools für die Verhaltensanalyse haben dazu beigetragen, diesem Ziel näher zu kommen.
Originaltitel
Big data transport models: The example of road pricing